Menschenrechts-Rat 2016

33. Tagung des HRC-Human Right Council

Ein Tag an der UNO in Genf (23.9.2016)

Wegen abweichender Zeitpläne auf den verschiedenen Internet-Portalen (UNOG, HRC…) verpasse ich die Vormittagssitzung (Panel 6).

Am Nachmittag verfolge ich zuerst die «Debatte» von Panel 7: Völkerrechtsverletzungen in Palästina. Alle Redner äussern zwar nach meinem Wissen nur zu berechtigte Vorwürfe, aber meist im Namen von Ländern, die ebenfalls viel Dreck am Stecken haben: Irak, Syrien, Pakistan, Sudan, Saudi-Arabien, Südafrika, Venezuela, Nicaragua, Malediven, Qatar, Ecuador, Kuba etc. Einige Staats-Vertreter sprechen zweimal(ziemlich identisch), einmal im Namen eines Staatenverbunds, einmal im Namen des «eigenen» Staats.

Das Ganze ist eine endlos sich wiederholende Israel-Anklage – gänzlich ohne Erkenntnisse aus neuen Reports, die diskutiert würden. Eine einzige Überraschung gibt’s für mich: Der russische Vertreter erwähnt als einziger auch israelische Verluste und spricht überhaupt etwas ausgewogener! Will er Russland die Chance offenhalten, als ernsthafter Makler an einer künftigen Friedenslösung mitwirken zu können?

Nach einer Dreiviertelstunde ist mir endgültig klar, dass es hier weder um neue Erkenntnisse, Diskussion noch gar um Problemlösung geht. Deshalb verlasse ich Saal 20 und besuche einen «Side-event»:

«Fighting torture: Procedures under international laws»

Zwei Advokaten geben ihre internationale Erfahrung weiter:

Maître Gilles Devers erklärt, dass sich die Inanspruchnahme internationaler Gerichte bzw. internationalen Rechts lohnt, um die Länder zu mehr Rechtssicherheit zu zwingen. Oft bewirkt die befürchtete negative Presse bereits ein Einlenken korrupter oder unterdrückender Staaten – wenn nicht im konkreten, dann wenigstens in späteren Fällen; einzig auf Staaten, die die einschlägigen internationalen Verträge nicht unterzeichnet haben (wie z.B. die USA), haben internationale Gerichte keinen Einfluss.

Laut Maître Redan Mettioui entfalten selbst Einzelaktionen mit der Zeit Wirkung – nach dem Motto «steter Tropfen höhlt den Stein».

Frage einer Saharouienne: «Was haben wir für Möglichkeiten, wenn die marokkanischen Gerichte unsere Klagen nicht entgegennehmen?» – Maître Redan («Das ist eine sehr alte und politische Frage»): Wenn ein Weg nicht zum Ziel führt, einen andern suchen. Maître Devers meint: Eventuell kann die EU bewirken, dass Marokko die juristische Hoheit über Westsahara entzogen wird. Spanien als frühere Kolonialmacht, welches die Luftüberwachung ausübt, könnte auch in dieser Richtung wirken.

Nach einer guten Stunde ist diese «Conférence» zu Ende und ich begebe mich zurück in den Saal 20 zur Panel-7-Sitzung. Das rituelle Israel-Bashing geht immer noch und endlos weiter: stets dieselben 15 Reizbegriffe in immer neuen Pirouetten aneinander gereiht: Selbstbefriedigung der Redner(innen) bzw. ihrer Staaten. Vergeblich suche ich nun im Internet irgendwelche bereitgestellten aktuellen Berichte – nichts Einschlägiges: Es scheint, dass Panel 7 an den HRC-Tagungen automatisch immer traktandiert ist, auch wenn «nichts Neues» zu vermelden ist. Von Disput oder Diskussion keine Rede; Israel erspart sich das Anhören – und ich jetzt auch, noch vor dem Ende der Veranstaltung.

Recht müde von diesem Riesenbetrieb (und mehr noch vom eben abgeschlossenen Schulquartal) kehre ich per öV nach Thun zurück.

Auch wenn mein Bericht streckenweise etwas desillusioniert tönt: Der Besuch als NGO-Mitglied an einer UNO-Konferenz ist ein Erlebnis!

Tipps für «Gelegenheits-Besuchende»:

  1. Das erstmalige Einschreiben zur Ausstellung eines UNOG-Passierscheins muss mehrere Wochen voraus erledigt werden. Anmeldung bei (peacesecretary@servas.org)
  2. Der Passierschein ist ein Kalenderjahr gültig; der Aufwand ist so, dass er nur für echt Interessierte lohnt!
  3. Der Eingang für NGO-Mitglieder und «nicht ganz hohe Tiere» erfolgt über den Eingang 40 des neueren Gebäudes (Bus Nr. 8 Richtung OMG bis «Appia»; gleiche Station wie für das – sehr lohnende – Rotkreuzmuseum)
  4. Für das Ausstellen des beantragten Ausweises an Ort muss ca. ½ Stunde veranschlagt werden – insgesamt ca. eine knappe Stunde rechnen, bis man im Saal ist.
  5. Die Cafeteria «le serpent» im Erdgeschoss (bzw. «von hinten her gesehen» im Untergeschoss) ist recht gut und für Genf sehr preisgünstig.
  6. Die präziseste Auflistung aller Menschenrechts-Rats-Anlässe bietet die Human-Rights-App, welche über die Seite ridh.org zu erschliessen ist. Einmal montiert, müssen noch alle gewünschten Unterorganisationen und –Themen eingeschaltet werden.
  7. Gelegentlich kreuzt Servas-Mitglied Daniela Dönges Kühn aus dem grenznahen französischen Crozet an der UNO auf. Sie spricht Arabisch, Englisch, Französisch und Deutsch und hat grosse UNO-HRC-Erfahrung (und als NGO-Vertreterin schon einiges bewirkt); vielleicht lohnt eine kurze Anfrage – ich gebe ihre Adresse auf Anfrage gern weiter.
  8. Panel 7 kann man sich ersparen, wenn nicht neue Erkenntnisse dokumentiert werden – siehe meinen Bericht.
  9. Side-Events sind oft interessant und bieten die Möglichkeit, sich zu vernetzen. Sie werden häufig auf ausliegenden Flugblättern angekündigt – allerdings nicht immer mit zutreffenden Raum-Angaben; die oben erwähnte App ist hier präziser.

Rapport:

Visite de la séance 33 du Conseil des droits humains, à l’ONU Genève, 23 septembre 2016

En raison des indications différentes sur les divers portails Internet (ONUG, HRC …) j’ai raté les séances du matin.

Dans l’après-midi, j’ai suivi le «débat» du Groupe 7: violations du droit international en Palestine. Tous les orateurs expriment – selon mes connaissances – des accusations légitimes, mais au nom de pays qui pour la plupart, eux aussi, ont des squelettes dans le placard: l’Irak, la Syrie, le Pakistan, le Soudan, l’Arabie Saoudite, L’Afrique du Sud, le Venezuela, le Nicaragua, les Maldives, le Qatar, l’Equateur, le Cuba etc. Certains représentants peuvent s’exprimer deux fois (presque identiquement), une fois au nom d’une alliance d’états (p.ex. les « états non-alignés »), une fois au nom de « leur » état.
Le tout est une jérémiade ininterrompu contre l’Israël – entièrement sans nouveaux rapports qui seraient discutés. Une unique surprise cependant: Le représentant de Russie mentionne aussi les pertes d’Israël et parle d’une manière plutôt équilibrée! Veut-il maintenir l’occasion pour la Russie d’être impliqué en tant que « courtier sérieux » lors de futurs négociations de paix? Après une longue demie-heure il est évident qu’il ne s’agit pas ici de résoudre des problèmes, ni d’aboutir à de nouvelles conclusions, voire de les discuter. Je quitte « le champ de bataille » pour visiter un événement parallèle (« side évent ») :

« La lutte contre la torture: Procédures en vertu des lois internationales »

Deux avocats nous font partager leur expérience internationale :
Maître Gilles Devers explique que le recours à des tribunaux internationaux ou au droit international accroîtra la sécurité juridique des pays de non-droit. Souvent, déjà la presse négative cause un « ramollissement » des pays corrompus ou oppressifs – sinon dans le cas actuel, au moins dans les cas ultérieurs; seulement pour les pays qui n’ont pas signé les traités internationaux pertinents (tels que les États-Unis), les tribunaux internationaux n’ont aucune influence.
D’après Maître Redan Mettioui, même des actions individuelles se déroulent sur l’effet du temps – « petit à petit, l’oiseau fait son nid. »
Question d’une Saharouienne: «Avons-nous des options si les tribunaux marocains n’acceptent pas nos plaintes?“ – Maître Redan : « Si un chemin ne mène pas au but, il faut en chercher un autre ». Maître Devers ajoute: « Peut-être, l’UE pourra effectuer que la compétence juridique sur le Sahara occidental est retiré du Maroc. L’Espagne en tant qu’ancienne puissance coloniale, qui exerce la surveillance aérienne, pourrait également agir dans ce sens.

Après une heure, cette conférence est à fin et je rentre dans la salle 20 à la séance du panneau 7. Le rituel guignol de l’«Israël-bashing» va encore et sans cesse: toujours les mêmes 15 expressions accusatrices dans de toujours nouvelles pirouettes enfilées. En vain je recherche des rapports actuels sur internet. Or, il semble que le panneau 7 est automatiquement placé sur l’ordre du jour aux sessions du CDH, même sans « actualité actuelle ».

Très fatigué, je rentre à Thoune le soir.

Bien que mon rapport apparaît un peu désillusionné: la visite en tant que membre d’une ONG à une conférence de l’ONU est une expérience précieuse!